Horizon Forbidden West – Accessibility-Test

Aloy balanciert auf einer steinerne Statue, die sie selbst darstellt.

Mir wurde von PlayStation ein Review-Code für Horizon Forbidden West von Guerilla Games zur Verfügung gestellt. Horizon Forbidden West ist eine Fortsetzung zu Horizon Zero Dawn aus dem Jahr 2017. Horizon Zero Dawn konnte ich leider nicht selbst spielen, da es noch zu wenig auf Accessibility ausgerichtet war. Ich habe mir für die Story des ersten Teils also mit YouTube beholfen.

Für Horizon Forbidden West wurden am 10. Februar, also etwas mehr als eine Woche vor Release, im PlayStation-Blog Accessibility-Features vorgestellt. Solche Informationen vor Release sind sehr wertvoll und helfen dabei, abzuschätzen, ob sich eine Vorbestellung lohnt oder zu viele Barrieren dem Spielspaß im Weg stehen. Es handelt sich bei den angekündigten Features nicht um so umfangreiche Funktionen wie in The Last of Us Part II und auch nicht wie bei Ratchet & Clank: Rift Apart, aber es sind für mich ein paar nützliche Sachen dabei und ich hatte die berechtigte Hoffnung, dass ich es vielleicht spielen können würde. Ich habe mir mit der Review-Version die Einstellungen für Barrierefreiheit angesehen und gehe hier im Test auf die Barrierefreiheit für motorische Behinderungen ein.

Zu Spielstart wird nicht als erstes ein Menü für Barrierefreiheit angeboten, wie es bei anderen Titeln mit umfangreichen Barrierefreiheitseinstellungen häufig der Fall ist. Es gibt nur die klassische Sprachauswahl sowie Anpassungen für HDR. Nach einer Cutscene, die sehr kurz das Geschehen von Horizon Zero Dawn zusammenfasst, erscheint das Hauptmenü, welches unter anderem zu den Einstellungen, aber auch direkt zum Untermenü Barrierefreiheit verlinkt.

Hier habe ich am Anfang eine Einstellung nicht gefunden, die in der Ankündigung aufgeführt war. Nämlich, dass Heilung selbstständig durchgeführt wird, sobald die Lebensenergie unter 50 % sinkt. Es stellte sich heraus, dass diese Funktion erst zur Verfügung steht, wenn das Spiel richtig gestartet und der Schwierigkeitsgrad ausgewählt werden.

Die Tastenbelegung kann fast komplett individualisiert werden. Da jedoch jede Taste gebraucht wird, ist es am Ende nur ein Tauschen und Verschieben der einzelnen Aktionen und eine Überlegung, welche Aktion am ehesten als „nicht wichtig“ geopfert werden kann.

Die einzelnen Einstellungen zu Barrierefreiheit sind im Übrigen auch in der jeweiligen Kategorie der allgemeinen Einstellungen zu finden. Also Einstellungen zum Controller befinden sich auch unter Steuerung und so weiter. Das ist sehr gut, weil so auch Personen sie finden und davon profitieren können, die sich bei Barrierefreiheit nicht angesprochen fühlen. Nach einigen Anpassungen der Accessibility-Features ging es dann endlich los.

Doch schon nach wenigen Schritten die erste große Enttäuschung. Die Kamera dreht sich nicht automatisch mit Aloy mit und in allen Menüs konnte ich auch keine Einstellung dafür finden. Das ist für mich auf der PlayStation ein großes Problem, da es mich anstrengend und meine Handkraft sehr viel schneller erschöpft, wenn ich beide Sticks benutzen muss. Entweder lege ich die Hand so auf den Controller, dass ich gut an beide Sticks komme, dann komme ich aber an nichts anderes und muss sie immer wieder umpositionieren. Oder ich lege die Hand eher rechts ab und kann nur den rechten Stick sowie die rechten Tasten nutzen. Beides nicht ideal. Ein wenig Erleichterung könnte hier die Funktion bieten, welche die Sticks beim Zielen vertauscht. So wäre zumindest in Kämpfen weniger Handakrobatik erfordert. Leider hat sie (noch?) nicht funktioniert und ich hoffe auf einen baldigen Patch.

Die adaptiven Trigger des DualSense-Controllers können in den Einstellungen des Spiels ausschließlich für Waffen ausgeschaltet werden. So kam es bei mir vor, dass ich beim Aufstemmen einer Tür gegen den erhöhten Widerstand des adaptiven Triggers ankämpfen musste. Nur diese eine Funktion anzubieten, erscheint mir nicht sonderlich logisch. Die adaptiven Trigger lassen sich zwar auch systemseitig deaktivieren, hatten sich bei mir aber (vielleicht bei einem Update?) irgendwie wieder eingeschaltet.

Ähnlich mühsam wie die Handhabung von zwei Sticks ist auch das Kämpfen mit dem Bogen. Ich kann L2 und R2 am DualSense-Controller nur drücken, indem ich den Controller gegen ein 3D-gedrucktes Hilfsmittel am meinem Rollstuhl schiebe. Da ich aber erst L2 brauche, um zu zielen, und dann R2, um zu schießen, muss ich den Controller immer hin und her schieben. In anderen Spielen lege ich mir Zielen und Schießen oft auf R1 und R2, um diesen zusätzlichen Kraftakt zu vermeiden, aber auf R1 liegen leichter Nahkampf und lautloser Angriff, die ich eigentlich auch auf der rechten Seite brauche, damit ich ohne Verzögerung dran komme.

Nicht unerwähnt lassen, möchte ich noch die Funktion des Copilot. Auf der Xbox ist sie systemseitig schon seit einigen Jahren möglich, mit Horizon Forbidden West kommt sie als Ingame-Funktion das erste Mal auf die PlayStation. Der Copilot ermöglicht, dass die Eingaben von zwei Controllern zusammengeführt und als ein Controller interpretiert werden. Auf der Xbox nutze ich das zum Beispiel, um den Standardcontroller mit dem Adaptive Controller zu kombinieren und so mit externen Tastern die Tasten zu ersetzen, die ich dort nicht oder nicht gut drücken kann.

Bei der Lösung in Horizon Forbidden West funktioniert der Copilot ein bisschen anders. Der zweite Controller muss mit einem separaten Profil angemeldet werden, allerdings ist dafür auch ein Gastprofil möglich. Bei der PS5-Version kann zudem nur ein weiterer DualSense-Controller für Copilot genutzt werden. Die Tastenbelegung der beiden Controller kann innerhalb des Spiels nicht unterschiedlich eingestellt werden. Es ist jedoch möglich, einen der Controller über die Systemfunktion der PlayStation anders zu belegen.

Ich hatte überlegt, ob das eine Hilfe für mich sein könnte. So hätte ich mir zum Beispiel das Öffnen des Fokus, welches auf R3 liegt und ich überhaupt nicht betätigen kann, beim zweiten Controller auf Kreis legen können. So richtig funktioniert das für mich aber nicht, da zwei dicke DualSense-Controller einfach zu viel Platz auf meinem Tisch einnehmen und ich dann an keinen der beiden mehr gescheit dran komme.

Insgesamt gibt es einige hilfreiche Funktionen und mit dem Copilot sogar eine kleine Revolution. Die vollumfängliche Belegung des Controllers, ohne eine Möglichkeit, die Eingaben auf weniger Tasten zu reduzieren, verringern diese Errungenschaften jedoch sehr. Mit der Kamera, die sich nicht automatisch mit Aloy mit dreht, fehlt es zudem an einer Funktion, die fast schon als „basic“ zu bezeichnen ist. Für mich bedeutet das alles leider, dass ich Horizon Forbidden West nicht alleine spielen können und immer wieder kleinere Unterstützungen durch eine Assistenz benötigen werde.

2 Kommentare

  1. Hallo Melly,
    ich finde richtig gut was du machst.
    Auch sehr schön geschrieben, dass man alles gut versteht.
    Ich studiere momentan Game Design und finde solche Erfahrungsberichte hilfreicht um in Zukunft, zugänglichere Spiele zu entwerfen.

    Alles Gute und viel Spaß beim Spielen,

    Florian

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