Ich möchte euch gerne ein bisschen an meinen Eindrücken von der Gamescom 2024 teilhaben lassen. Vorweg: Ich habe mich nicht in allen Hallen intensiv umgesehen, also bieten meine Eindrücke nur einen Ausschnitt.
Am Mittwoch ging es für mich als Erstes zum Presseempfang bei Xbox. Der Stand kann eigentlich gar nicht mehr als solcher bezeichnet werden, denn er ist so groß, dass es eher Xbox-Gelände heißen müsste – fast wie eine kleine Messe in der Messe. Diese Fülle an Möglichkeiten hat mich auch direkt überfordert und ich wusste gar nicht, womit ich anfangen sollte.
Glücklicherweise wurde mir dann von einem VR-Erlebnis zu World of Warcraft erzählt, das auch für Rollstuhlnutzende zugänglich sein sollte. Das musste ich natürlich ausprobieren. Und was soll ich sagen? Es war großartig! Zuallererst hat das Erlebnis an sich viel Spaß gemacht. Für mich war aber noch viel bedeutsamer, dass überhaupt an eine Plattform für Menschen mit Rollstuhl gedacht wurde. Das ist leider immer noch so selten, dass es fast wie ein kleines Wunder erscheint. Es zeigt, dass Inklusion über die bloße Barrierefreiheit hinausgeht – es geht darum, behinderte Menschen aktiv einzubeziehen und ihnen gleiche Möglichkeiten zu bieten.
Das übersteigt auch bei Weitem das, was die neuen Richtlinien der Gamescom für Barrierefreiheit vorgeben. Diese verpflichten nämlich nur zu einem stufenfreien Zugang zum Stand und das haben die Ausstellenden, soweit ich das beobachten konnte, auch umgesetzt. Ich habe viele Rampen gesehen und keinen Stand entdeckt, der eine Stufe, aber keine Rampe hatte. Aber hier zeigt sich auch: Oft wird nur das Minimum erfüllt und für Inklusion braucht es mehr als das bloße Einhalten von Vorschriften. Es muss darum gehen, Barrierefreiheit und Inklusion als integrale Bestandteile der Planung und Gestaltung von Veranstaltungen zu betrachten.
Einige positive Beispiele gab es jedoch. Bei Kingdom Come Deliverance II habe ich gleich fünf Spielstationen auf Rollstuhlhöhe entdeckt. An mehreren Ständen gab es auch Hinweisschilder, die ausdrücklich dazu aufforderten, nach Assistenz zu fragen, wenn man Unterstützung benötigt. Das klingt vielleicht nach einer Kleinigkeit, macht aber einen großen Unterschied.
Ubisoft hatte angekündigt, an höhenverstellbaren Spielstationen bei Bedarf auch den Xbox Adaptive Controller anzubieten. Das hat bei meinem Besuch allerdings nur bedingt funktioniert. Die Person, die mich zum Platz brachte, war nicht mit dem Controller vertraut, was sie auch offen kommunizierte und jemanden holte, der etwas mehr Ahnung hatte. Allerdings war die Planung wohl darauf ausgelegt, dass Interessierte ihre eigenen Taster und Joysticks mitbringen. Vor Ort gab es keine Joysticks und nur eine geringe Auswahl an Tastern. Das Angebot ist grundsätzlich toll, aber die Umsetzung müsste noch ein bisschen nachjustiert werden. Es reicht nicht aus, nur die minimale Ausstattung bereitzustellen – sie muss auch effektiv nutzbar sein.
Dann war es auch schon Zeit für mich, zu „arbeiten“. Am Stand von Congstar habe ich als Teil eines Diskussionspanels über Barrierefreiheit im Gaming gesprochen. Wir haben natürlich wenig „diskutiert“, da wir alle für Barrierefreiheit sind, aber es war trotzdem ein reger Austausch von Gedanken. Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht werden muss, was insbesondere dann gelingt, wenn behinderte Menschen fest in die Prozesse einbezogen werden.
Im Anschluss wurden die Gaming ohne Grenzen Awards verliehen. Ich hatte die große Ehre, die Laudatio für den Award National zu halten, der an Xbox für die barrierefreie Ausgestaltung des Messestands im letzten Jahr ging. Und wenn ich an mein VR-Erlebnis denke, sehe ich schon einen möglichen Anwärter auf den Award für nächstes Jahr.
Bilder: Martin Scherag Fotografie für congstar
Das war es für den ersten Tag, und weiter ging es am Donnerstag. Wie schon in den letzten Jahren habe ich mich ein bisschen auf dem Gamescom Congress umgesehen. Es gab viele interessante Vorträge zu Gaming als Schnittstelle zu Gesellschaft, Gesundheit, Bildung und mehr. Der Congress fand erstmals im neuen Kongresszentrum, dem Konfex, statt. Damit ist er vom nördlichen Bereich der Messe in den südlichen Bereich gezogen. Egal, an welchem Ende der Congress nun stattfindet, man muss immer einmal quer durch die Messe und die Massen laufen, wenn man am jeweils anderen Ende ist. Ein großer Nachteil des neuen Standorts ist allerdings, dass er jetzt mehr oder weniger hinter dem Businessbereich liegt und der Weg dorthin mit mehreren Aufzügen und Fahrten auf verschiedenen Ebenen verbunden ist. Das ist kompliziert und zeitraubend. Hier zeigt sich wieder, dass Barrierefreiheit nicht nur innerhalb von Ständen und Events gewährleistet sein muss, sondern auch auf dem Weg dorthin. Eine inklusivere Planung sollte solche Herausforderungen von Anfang an berücksichtigen, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmenden ohne zusätzliche Hürden Zugang zu den Veranstaltungen haben.
Für den frühen Nachmittag war eine politische Delegation am Stand von Gaming ohne Grenzen angekündigt, und ich wurde gefragt, ob ich dazu kommen möchte, um gegebenenfalls Fragen zu beantworten. Leider war es so laut, dass ich nicht hören konnte, welche Fragen den anderen gestellt wurden oder was sie geantwortet haben. Die Delegation hat sich dann noch von WheelyWorld den QuadStick zeigen lassen und ist dann weitergezogen.
Abends bin ich noch der Einladung zum Women in Gaming Meetup, organisiert von Xbox, gefolgt. Bei Häppchen und Getränken war das ein entspannter Abschluss des zweiten und für mich letzten Messetages.
Insgesamt war die Gamescom 2024 für mich wieder eine spannende Erfahrung. Es gibt positive Entwicklungen in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion, aber auch noch einige Baustellen, an denen gearbeitet werden muss. Besonders schön ist es zu sehen, dass immer mehr Unternehmen das Thema ernst nehmen und bemüht sind, allen Menschen gleiche Möglichkeiten zu bieten. Es bleibt jedoch wichtig, dass wir diese Fortschritte weiter vorantreiben und sicherstellen, dass Barrierefreiheit nicht nur als Pflichtaufgabe, sondern als Chance zur echten Teilhabe gesehen wird. Ich freue mich darauf, zu beobachten, wie sich die Branche in den kommenden Jahren weiterentwickelt – und hoffentlich wird Barrierefreiheit irgendwann so selbstverständlich sein, dass sie gar nicht mehr besonders hervorgehoben werden muss.
Bis dahin bleibt es wichtig, den Dialog fortzuführen, auf Missstände aufmerksam zu machen und gleichzeitig die positiven Beispiele zu feiern. Ich bin gespannt auf das, was kommt – und freue mich auf die nächste Gamescom!