Schon einige Tage vor Erscheinen von Sekiro: Shadows Die Twice ploppten immer mehr Diskussionen auf, ob Spiele von FromSoftware oder andere Souls-Likes einen Easy-Mode haben sollten. Anscheinend ein immer wiederkehrendes Thema, wenn FromSoftware ein neues Spiel raus bringt. Für mich jedoch noch recht neu. So stand ich zu Beginn ganz klar auf der Seite der Befürworter, denn „Yay, Accessibility!“, doch je tiefer ich die Diskussionen verfolgt habe, desto mehr erkannte ich, dass der Easy-Mode eigentlich die Holzhammer-Methode wäre und nur die allerletzte Option darstellen sollte (und immer noch besser wäre, als gar keine Option!). In erster Linie geht es doch eher um sehr fein einstellbare Spieloptionen, welche jedoch fälschlicherweise in der Debatte oft als Easy-Mode abgestempelt und zerrissen wurden.
Ich habe das Thema hauptsächlich im englischsprachigen Web verfolgt, denn hierzulande ebbte es schnell ab. Meine Vermutung ist, dass es im deutschsprachigen Raum zu wenig starke Stimmen für Accessibility (in Souls-Likes) gab, die sich am Diskurs beteiligten, und so war schnell eine „Einigung“ darauf getroffen, dass solche Spiele auf keinen Fall zugänglicher gemacht werden sollten. Bei den englischen Diskussionen trafen hauptsächlich zwei Lager aufeinander: die Accessibility-Experten und die Hardcore-Gamer/Souls-Fanbase. Eine hitzige Kombination und ich habe teilweise sehr üble, ableistische Beiträge gelesen. Im übrigen einer der Hauptgründe, warum ich lange überlegt habe, ob ich diesen Beitrag schreibe oder lieber nicht.
Doch worum geht es eigentlich? Es wird immer wieder der Wunsch geäußert, Spiele – auch solche wie Sekiro – durch eine große Variation an Optionen für ein möglichst großes Publikum zugänglich zu machen. Die Entscheidung, ein Spiel zu spielen oder nicht, sollte an den persönlichen Geschmack geknüpft sein und nicht daran, ob das Spiel durch unüberwindbare Barrieren nicht oder nur unter großer Anstrengung spielbar ist. Ich hätte gerne selbstständig Heavy Rain gespielt, doch dieses Spiel setzt immer wieder auf Bewegungssteuerung, welche für mich unmöglich ist. So steckte ich nach wenigen Minuten im Badezimmer fest, weil ich die Zahnbürste im Mund hatte und nicht bewegen konnte. Das war wirklich ein sehr frustrierendes Erlebnis. Aber ist es kein Spiel für mich, nur weil ich es nicht steuern kann?
Eines der häufigsten Argumente der ablehnenden Seite ist nämlich: „Wenn das Spiel zu schwer für dich ist, dann ist es nicht für dich.“ Zunächst einmal sollte bewusst sein, dass „Schwierigkeit“ ein relatives Konstrukt und sehr subjektiver Begriff ist. Ein Spiel, das für die einen schwer war, war für andere vielleicht ganz leicht. Und nun kommt hinzu, dass es für behinderte Spieler oft viele zusätzliche Schwierigkeiten gibt. Ich kann nicht schnell von einem Knopf zum anderen umgreifen, weshalb ich zum Beispiel unheimlich träge ausweiche. Eine Option, die entweder den Gegner weniger Schaden verursachen lässt oder meinem Charakter mehr Gesundheit gibt, würde lediglich diesen Nachteil ausgleichen, ohne mir das Spiel grundsätzlich zu vereinfachen.
Auch sehr oft zu lesen ist: „Es entspricht nicht der Vision der Entwickler, für dieses Spiel einen Easy-Mode anzubieten.“ Uff. Solange die Entwickler nicht selbst sagen, was ihre Vision für das Spiel war, kann vieles behauptet oder aber nur geraten werden. Hidetaka Miyazaki selbst wird auf gamestar.de wie folgt zitiert: „Wir zielen nicht auf die Schaffung eines schweren Spiels. Wir zielen auf die Schaffung eines Spiels, das herausfordernd ist und dieses besondere Erfolgsgefühl vermittelt.“ Vielleicht war den Entwicklern also gar nicht recht bewusst, dass sie durch bestimmte Spielmechaniken bzw. fehlende Optionen eine nicht unerhebliche Gruppe Spieler von der Herausforderin und dem Erfolgsgefühl ausschließen?! Natürlich sollen Souls-Likes hart sein, dich verzweifeln lassen, dir den Kick geben, wenn du den Boss im x-ten Versuch endlich besiegt hast, und das möchte niemand den Spielen nehmen. Doch kann es der „Vision“ der Entwickler einen Abbruch tun, wenn durch geeignete Optionen mehr Spieler an dieser emotionalen Achterbahnfahrt teilhaben können?
„Ich habe ein Video von einem behinderten Spieler gesehen, der hatte kein Problem mit Sekiro“ oder „Es gibt doch den Controller von Xbox für behinderten Spieler“ sind noch zwei schöne Argumente, warum Optionen nicht sein sollten, die auch erstaunlich häufig waren. Ich frage mich wirklich, woher die Annahme kommt, dass, nur weil ein behinderter Spieler etwas spielen kann, das alle anderen auch können. Das ist doch bei nicht-behinderten Menschen auch nicht so. Oder fehlt mir hier eine weltsichtverändernde Information? Nun ja und der Adaptive Controller, so toll er auch für viele ist, löst bei weitem nicht alle Probleme. Für einige ist er die einzige Möglichkeit, überhaupt einen Controller zu bedienen. Für andere, so wie mich, erleichtert er die Eingaben enorm, doch Probleme wie langsame Reaktionsfähigkeit oder zu viele Knöpfe, die gleichzeitig gedrückt werden müssen, bleiben weiterhin bestehen.
Nachdem sich die ganze Diskussion nun schon über viele Tage zieht, habe ich einiges nur noch kopfschüttelnd überflogen. Ich habe mich wirklich angestrengt, aber ich verstehe nicht, warum Leute sich so vehement (und teilweise auf niedrigstem Niveau) gegen zusätzliche Optionen aussprechen. Es wird dadurch niemandem etwas weggenommen. In den Grundeistellungen bleibt das Spiel so, wie es von der Fanbase erwartet und gefeiert wird. Aber ich könnte das Spiel auf meine Möglichkeiten anpassen und auf meine Weise das Spiel so erleben, dass ich überhaupt eine Chance hätte, den Boss im x-ten Versuch zu schlagen. Wäre es nicht schön, die Freude am geliebten Spiel mit mehr Menschen zu teilen?