Zunächst möchte ich erwähnen, dass dieser Beitrag kein medizinischer Aufsatz wird. Ich werde hier von meiner eigenen Erfahrung berichten und das oberflächliche Fachwissen wiedergeben, das ich dadurch über die Jahre erlangt habe.
Immer wieder liest man bei verschiedenen Plattformen Fragen zur Beatmung bei Spinaler Muskelatrophie und häufig kann man den Fragen eine ängstliche oder gar ablehnende Haltung entnehmen. Ich kann das verstehen, mir ging es damals genauso und ich war zu der Zeit sogar noch ein Kind. Vielleicht gelingt es mir ja hier, ein paar dieser Ängste abzumildern.
Das Problem bei SMA ist die fehlende Kraft der Atemmuskulatur, nicht die Aufnahme und Verarbeitung von Sauerstoff. Daher ist es nicht zielführend, bei eingeschränkter Atmung einfach Sauerstoff zu verabreichen. Wenn nur mit Sauerstoff angereichert wird, denkt der Körper, er bekäme genug Luft, und fährt die Anstrengung für Eigenatmung noch weiter herunter. Dadurch wird dann aber nicht mehr kräftig genug CO2 ausgeatmet und dieser Stoff muss aus dem Körper raus! Ein guter Austausch von Sauerstoff und CO2 kann nur durch eine Atemunterstützung erreicht werden. So eine Atemunterstützung kann über eine Maske angewendet werden, die entweder nur über die Nase oder über Mund und Nase geht. Oft bringt es schon sehr viel, wenn die Atemunterstützung nur über Nacht angewendet wird. In der Zeit hat die Atemmuskulatur sozusagen Pause, darf sich von der Anstrengung des Tages erholen und wird für die Zeiten ohne Atemunterstützung wieder aufgeladen. Dadurch fühlt man sich insgesamt ausgeruhter und ist fitter.
Wie oben schon erwähnt, war ich noch ein Kind, als ich mit dem Thema Beatmung in Berührung kam. Genauer gesagt war ich zehn Jahre alt, als ich mein Beatmungsgerät bekam. Ich konnte mich damit gar nicht anfreunden. Es war für mich ein überflüssiges Hilfsmittel, das mich in meinen Augen aber mit einem Schlag deutlich behinderter machte. Ich konnte doch schon nicht laufen, nun sollte ich auch noch unfähig sein, zu atmen? Aus heutiger Sicht weiß ich, dass mir durch dieses Thema das erste Mal richtig bewusst wurde, dass die SMA fortschreitet. Wahrscheinlich habe ich mich auch deshalb mehrere Jahre gegen die Beatmung gesträubt. Nach dem Motto „Wenn ich das nicht benutze, dann wird meine Behinderung auch nicht schlimmer“.
Doch dann war ich etwa drei Jahre später mit einem hartnäckigen Infekt über Silvester 2000 auf 2001 im Krankenhaus. Hier sollte ich mal wieder davon überzeugt werden, dass die Beatmung mir gut tun wird und nichts Böses ist, was ich natürlich gar nicht hören wollte, in meinem erschöpften Zustand erstrecht nicht. Letztlich war es aber genau dieser Zustand, der dafür gesorgt hat, dass ich das Atemgerät akzeptiert habe. Ich war so krank und müde, dass ich eine ganze Nacht mit der Beatmung geschlafen habe. Da habe ich nicht nur gemerkt, dass das geht, sondern auch, dass es mir viel besser ging. Ich war nicht nur insgesamt fitter, ich konnte auch viel besser mit der Verschleimung umgehen. Seitdem benutze ich das Atemgerät jede Nacht und wenn ich sehr schlapp bin, nehme ich es auch nachmittags mal für eine Stunde an, um mich wieder aufzutanken. Es ist für mich kein Zeichen für meine fortschreitende SMA mehr, ich kann es mittlerweile als genau das sehen, was es ist: ein Hilfsmittel.