Gestern Abend lief in der ARD der Film Inklusion – Gemeinsam anders. ARD… das ist doch eine von den Sendern mit Bildungsauftrag, oder? Ja, genau das ist sie. Und genau deshalb hatte ich gehofft, einen guten Film über das Thema Inklusion zu sehen. Mein Optimismus wurde bitter enttäuscht. Ich wüsste zu gerne, wie die „Vertreter aus dem Kreis der Menschen mit Behinderung“ des Rundfunkrats zu diesem Film stehen.
Für mich fing der Ärger nämlich schon damit an, dass ich in den ersten Minuten schon merkte, dass die beiden Schüler mit Behinderung von nicht-behinderten Schauspielern dargestellt wurden. Das war wohl schon im Vorfeld bekannt, ich hatte mich jedoch nicht weiter über den Film informiert, da ich ihn ohne Erwartungen oder Vorurteile ansehen wollte. Für mich ist es immer wieder unverständlich, warum man in Filmen oder Serien keine echten Menschen mit Behinderung vor die Kamera stellt, ich bin mir sicher, dass es unter ihnen schauspielerische Talente gibt. In einem Interview habe ich gelesen, dass ein entsprechendes Casting zu teuer gewesen wäre und zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Nun, ich denke, wenn man häufiger Schauspieler mit Behinderung einsetzen würde, hätte man eine gut geführte Kartei, in der man schnell und ohne großen Mehraufwand passende Personen für einen Film finden würde, es müsste nur mal jemand anfangen.
Leider konnte der Film für mich auch inhaltlich dieses Manko nicht wett machen. Die Rollstuhlfahrerin Steffi wurde durch und durch unsympathisch gezeichnet und bediente viele Vorurteile. Sie war natürlich total frustriert von ihrer Behinderung und hat diesen Frust an ihrer gesamten Umgebung ausgelassen. Nachdem sie dann ihren Lehrer überredet, mit ihr Physiotherapie zu machen, freundet sie sich mit den Mitschülern an. Den Moment, wo sie ihre Wesensänderung durchmacht, habe ich irgendwie verpasst, ich habe nicht verstanden, warum die Mitschüler dieser Zicke noch eine Chance geben, wo ihre Bemühungen, sich mit Steffi anzufreunden, vorher immer im Keim erstickt wurden. Über die Darstellung ihrer Spastik kann ich nicht viel sagen, nur dass sie am Ende der Schulaufführung mal eben aufstehen konnte, war reichlich unrealistisch. Auch der geistigbehinderte Paul wurde mit Klischees beladen. Eigentlich ist er ein sehr sympathischer, sozialer Junge, aber wenn er gereizt wird, reagiert er schnell mit Brutalität. Seine Mutter benutzt ihn als Haushaltshilfe, während sie sich, unter dem Vorwand immer zu zur Arbeit zu müssen, mit ihrem Lover trifft.
Über die Inklusion hat dieser Film in meinen Augen ein ziemlich schlechtes Bild vermittelt. Die positiven Auswirkungen, die Inklusion auf die Schüler und somit auf die Gesellschaft haben kann, wurden fast gar nicht heraus gearbeitet. Stattdessen wurde ein Problem nach dem anderen thematisiert. Natürlich stimmt es, dass man Inklusion nicht mit der Brechstange von heute auf morgen umsetzen kann und ganz sicher wird Inklusion einen Haufen Geld kosten, allein schon, um die Schulen barrierefrei auszubauen. Das sollte aber doch kein Grund sein, sie für nahezu unmöglich zu erklären wie ich es bei diesem Film wahrgenommen habe. Ich denke, dieser Einsatz würde sich langfristig aufwiegen, denn wenn Menschen mit Behinderung erstmal in den Regelschulen angekommen sind und so Berührungsängsten und Vorurteilen schon im Kindesalter entgegen gewirkt wird, ist der Schritt auf den Arbeitsmarkt nicht mehr ganz so weit, womit dann wiederum mehr Steuerzahler da wären, um die Kosten für gelungene Inklusion aufzufangen.
Ich finde unsere Blogs ergänzen sich ganz gut;)