Les Misérables – Der Film

Ich habe schon so lange nicht mehr über etwas musicalmäßiges oder gar einen Film geschrieben, ich weiß gar nicht, ob ich das noch kann. Also dann mal los:

Als ich in den Kino-Saal kam, war ich überrascht, wie viele Leute da waren. Es waren schätzungsweise 70 – 80 Leute, was ich für einen Musical-Film sehr beachtlich finde, wenn man dann auch noch bedenkt, dass es Samstag am Karnevals-Wochenende und ein Kino im Rheinland waren. Gestern gab es in 120 Kinos in Deutschland und Österreich ein Premieren-Event zu Les Misérables, bei dem erst eine Live-Schaltung vom Roten Teppich der Berlinale und im Anschluss der Film gezeigt wurden. Den Roten Teppich hätte ich persönlich nicht gebraucht, aber es gab doch ein paar interessante Infos und Hugh Jackman und Anne Hathaway haben einen sehr sympathischen Eindruck hinterlassen. Dieses Vorgeplänkel war also ganz gut gemacht und wurde nicht langweilig.

Dann ging der Film endlich los und er war so gut! Ich muss dazu sagen, dass ich LesMis bisher nicht live gesehen habe und die Musik mich noch nicht ganz gepackt hatte. Mit den ersten Trailern zum Film stiegen jedoch Interesse und Vorfreude im gleichen Maß stark an. Mittlerweile liebe ich sogar schon einige Lieder aus LesMis und frage mich, wie ich sie all die Jahre übergehen konnte. Aber zurück zum Film: Bedingt durch die Verfilmung von Mamma Mia! war ich doch etwas skeptisch, was so eine Star-Besetzung angeht und hätte mir lieber in allen Hauptrollen „echte“ Musicaldarsteller gewünscht. Im Gegensatz zu Mamma Mia! gab es bei LesMis aber keinen Totalausfall zu beklagen und alle sangen befriedigend bis sehr gut. Am schlechtesten hat dabei wohl Russell Crowe als Javert abgeschnitten, was bereits am Roten Teppich angesprochen wurde, da er häufig nur Sprechgesang erklingen ließ. Für mich war das nicht weiter tragisch und sein Spiel hat dieses Manko wett gemacht. Bei Hugh Jackman als Jean Valjean sah das ganze dann schon anders aus. Es gab zwar auch die ein oder andere Stelle, die stimmlich etwas mehr Power hätte vertragen können, aber insgesamt war das eine saubere Leistung und vor allem schauspielerisch überragend. Anne Hathaways I dreamed a dream in der Rolle der Fantine wurde im Vorfeld von einigen zerissen, da sie es eher zerbrechlich singt und nicht so kraftvoll heraus beltet, wie man es von diesem Stück gewohnt ist. Mir hatte schon im Trailer ihre Version sehr gut gefallen, aber im Gesamtkontext des Films fand ich es noch passender. Überhaupt hat sie eine sehr gute Darstellung abgeliefert, mit der sie alle Auszeichnungen, die sie bekommen hat und bekommen kann, mehr als verdient. Wer auch unbedingt ausgezeichnet werden sollte, ist Eddie Redmayne als Marius, auch wenn immer mindestens der ganze Kopf beim Singen mit Vibrato gewackelt hat, was ich zwischendurch doch etwas witzig fand. Davon abgesehen hat er aber sehr überzeugend gespielt und konnte vor allem auch gesanglich überzeugen. Amanda Seyfried als Cosette war niedlich und hat damit wohl ihren Job sehr gut erfüllt. Leider hat sie mir stimmlich nicht gut gefallen, da sie oft extrem piepsig war. Ich weiß nicht, in wie weit das die Partitur vorgibt oder sie nicht tiefer kommt. Wenn es für Amanda noch singbar gewesen wäre, hätte es meinen Ohren gut getan, die Vorlage etwas herunter zu transponieren. Über Aaron Tveit als Enjolras und Samantha Barks als Éponine muss ich nicht viel sagen, beide waren absolut überzeugend in Spiel und Gesang. Hier war die Broadway-/Westend-Erfahrung eben doch deutlich zu spüren. Für die großen Ensemble-Nummer wurde auf einige ehemalige und aktuelle Darsteller der LesMis-Produktionen zurück gegriffen. Kerry Ellis habe ich leider vergeblich gesucht, aber wenn ich noch einmal ins Kino gehe, nehme ich meine Brille mit und werde noch genauer auf die Leute bei Master of the house achten. Im Gegensatz dazu war es dann allerdings sehr leicht Andy Coxon zu finden, worüber ich mich ebenso gefreut habe.

Der Film ist wirklich gut gelungen. Ich mochte die vielen Nahaufnahmen, aber auch die Kamerafahrten nach oben heraus haben mir sehr gefallen, weil dadurch die großen Szenen deutlich an Schwung und Präsenz gewonnen haben. Ich möchte auch unbedingt lobend erwähnen, dass die Lieder nicht vorher im Studio eingesungen, sondern live am Set aufgenommen wurden. Damit hat man etwas Neues gewagt, dass sich aber sehr gelohnt hat. Das Geschehen bleibt dadurch authentischer. Nicht verstehen kann ich allerdings, dass man die paar gesprochenen Sätze für Deutschland synchronisiert hat. Teilweise handelte es sich nur um Halbsätze mitten im Lied, was mich dann sehr gestört hat, weil man durch die Sprachwechsel dann für einen Moment aus der Handlung heraus gerissen wurde. Ansonsten bin ich jedoch vollends zufrieden und freue mich schon, dass ich den Film nochmal gucken „muss“.

2 Kommentare

    1. Hatte ich auch mal so gehört, aber auf ihrer Homepage steht, dass sie bei Master of the House kurz auftaucht. Vielleicht hat sie ja mehrere Szenen mitgedreht, wurde in den anderen aber raus geschnitten.

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