Chronologie einer Praktikumsanfrage

Ende Februar habe ich mit meinem Studium aufgehört, seither bin ich auf der Suche nach Ausbildungsplätzen, zeitgleich bemühe ich mich um Praktika, um die Zeit bis zu einem Ausbildungsbeginn sinnvoll zu nutzen. Wegen meiner Körperbehinderung sitze ich im elektrischen Rollstuhl und stoße daher in der Arbeitswelt häufig auf Ablehnung. Mit diesem Eintrag möchte ich mal erzählen, wie ich zuletzt von der Bundesagentur für Arbeit behandelt wurde, nachdem ich mich dort bei der Künstlervermittlung der Zentralen Auslands- und Fach-Vermittlung um ein Praktikum bewarb:

Am 29.05. erfragte ich per Mail, ob generell die Möglichkeit bestehe, ein Praktikum in der Künstlervermittlung Köln zu absolvieren. Ich erhielt am 03.06. diese Antwort

Grundsätzlich ist die Durchführung eines Praktikums möglich. Dieses sollte aber im Bereich der Künstlervermittlung mindestens 4 Wochen dauern.

Desweiteren besteht leider keine Möglichkeit von unserer Seite, dieses Praktikum zu vergüten.

Sollten Sie weiterhin an einem Praktikum in der Künstlervermittlung Köln interessiert sein, so bitte ich Sie um Zusendung Ihrer kompletten Bewerbungsunterlagen an unser virtuelles Postfach und der Benennung eines möglichen Zeitfensters. Wir geben Ihnen dann zeitnah eine Rückmeldung.

Da ich mit allen Bedingungen einverstanden war, schickte ich noch am selben Tag meine Bewerbung an die ZAV.

Wenige Tage später erhielt ich einen Anruf, da noch offene Fragen waren. Es ging um den zeitlichen Rahmen meiner Verfügbarkeit und um die Software, die ich zum Schreiben am PC nutze. Bis zum 21.06. hörte ich dann nichts mehr, so dass ich mich per Mail über den Stand meiner Bewerbung erkundigte. Am folgenden Tag bekam ich die wenig aussagekräftige Antwort, dass man mir noch nichts endgültiges mitteilen könne.

Am 29.06. erhielt ich dann einen Anruf der Behindertenvertretung. Der Aufzug bei der Künstlervermittlung sei defekt und sie wollte sich erkundigen, ob man mich tragen könne. Mit einem 150-Kilo-schweren E-Rollstuhl ist das natürlich nicht drin. Man habe keinen Einfluss auf die Reparaturarbeiten und wisse nicht, ob und wann der Aufzug wieder funktionieren würde. Man schlug mir vor, mich statt bei der Künstlervermittlung in einem anderen Bereich einzusetzen. Ich war von der ganzen Aussage erstmal überrumpelt und so willigte ich ein.

Am nächsten Tag jedoch schrieb ich direkt eine Mail, dass ich im Rahmen meiner Verfügbarkeit noch bis zu drei Wochen auf die Reparatur des Aufzugs warten könne. Eine Woche später erhielt ich folgende Antwort

Selbstverständlich kann ich nachvollziehen, daß ein Praktikum in der Künstlervermittlung für Sie absoluten Vorrang hat und natürlich sollte ein defekter Aufzug dem nicht im Wege stehen.

Leider haben wir aber keinen Einfluß auf evtl. Reparatur- oder Instandsetzungsarbeiten – zumal auch die Sicherheit eines jeden Einzelnen damit zusammenhängt.

Ich habe Ihre Anfrage weitergeleitet und werde Sie sofort unterrichten, sobald ich Näheres erfahre.

Damit musste ich mich dann wohl zufrieden geben und so wartete ich darauf, in einer anderen Agentur eingesetzt zu werden. Bis heute habe ich übrigens nicht verstanden, warum die Reparatur die Sicherheit aller gefährdet…

Am 12.07. erhielt ich dann eine endgültige Absage für alle Bereiche.

Wir haben alle Möglichkeiten geprüft. Leider können wir Ihnen kein Praktikum ermöglichen.

In der Bundesagentur für Arbeit darf grundsätzlich nur Software eingesetzt werden, die durch die Bundesagentur für Arbeit getestet und zertifiziert wurde. Dies ist, nach Rücksprache mit dem IT-Bereich, im Fall der von Ihnen benötigten Software leider nicht möglich.

Daher können wir Ihre Bewerbung als Praktikantin leider nicht berücksichtigen.

Ich bedauere, keine für Sie günstige Nachricht geben zu können und wünsche Ihnen für Ihre weitere berufliche Zukunft alles Gute.

Mir kam das alles ziemlich komisch vor. Ich glaube gerne, dass der Aufzug defekt war, aber kann es wirklich sein, dass die Reparatur mehr als einen Monat Zeit beansprucht oder sollte die Zeit überbrückt werden, bis ich nicht mehr verfügbar gewesen wäre? Und die Sache mit der Software, ich glaube, nachdem ich das mit dem Aufzug nicht ganz hinnehmen wollte, musste eine neue Begründung her, die mich als Praktikantin am besten für alle Abteilungen zugleich ausschließt. „Dasher“ ist ein sehr schlankes Programm, ich halte es durchaus für möglich, dass die IT-Abteilung dieses zertifizieren könnte, womit nicht nur mein Praktikum hätte ermöglicht werden können, sondern auch für nachfolgende behinderte Bewerber eine weitere Eingabesoftware zur Verfügung gestellt würde.

Den gesamten Vorgang schilderte ich dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW am 13.07. per Mail. Knapp eine Woche später bekam ich diese Antwort

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die von Ihnen geschilderten Vorgänge von Ihnen als äußerst unbefriedigend empfunden werden. Allerdings kann ich zu dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt nicht Stellung nehmen, da es sich hier um eine interne Angelegenheit der Bundesagentur für Arbeit handelt. Bei der Bundesagentur für Arbeit (BA), einschließlich der nachgeordneten örtlichen Agenturen für Arbeit und auch der ZAV handelt es sich um eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Die Rechtsaufsicht führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Berlin. Das Land Nordrhein-Westfalen hat keinerlei Aufsichtsbefugnisse über die BA und kann deren Entscheidungen nicht beeinflussen. Ich bitte daher um Ihr Verständnis, dass ich zu den von Ihnen geschilderten Vorkommnissen aus diesem Grund keine Stellungnahme abgeben kann. Sofern Sie damit einverstanden sind, würde ich Ihr Schreiben gerne an die Zentrale der BA – Kundenreaktionsmanagement – in Nürnberg weiterleiten. Ich bedauere, dass ich Ihnen darüber hinaus keine weitere Hilfestellung anbieten kann und hoffe, dass das Kundenreaktionsmanagement der BA in Nürnberg zu einer Klärung der Angelegenheit beitragen kann. Bitte teilen Sie mir kurz per Email mit, ob Sie mit der Abgabe an die BA einverstanden sind. Für Ihre berufliche Zukunft darf ich Ihnen alles Gute wünschen.

Selbstverständlich willigte ich der Weiterleitung ein, obwohl mir schon da klar war, dass es nichts bringen wird. Zeitgleich schickte ich daher dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales meine Nachricht. Von dort habe ich bisher keine Antwort erhalten.

Gestern, am 10.08., erhielt ich dann per Post ein Schreiben von der ZAV. In diesem wird mir der Vorgang nochmal aus Sicht der ZAV geschildert, im Grunde handelt es sich lediglich um eine umformulierte Version meiner Beschwerde. Ergänzt wird das ganze dann noch mit weitschweifigen Ausführungen

Die Einführung bzw. Nutzung einer Sondersoftware stellt einen immensen Aufwand dar, auch wenn es sich hierbei lediglich um ein Programm handelt, welches nur geringen Speicherumfang besitzt und kostenfrei ist. Bei dem EDV-System der Bundeagentur für Arbeit (BA) handelt es sich mit weit über 100.000 Arbeitsplatzrechnern um eines der größten IT-Netzwerke Europas mit einem immensen Portfolio an enthaltenen Produkten. Leider gehört die Software „Dasher“ nicht bereits zur vorhandenen Kollektion. Neue Produkte benötigen einen zentral gesteuerten Prozess der Zertifizierung um die IT-Sicherheit und Lauffähiokeit des vernetzten Systems nicht zu gefährden. Dieser Prozess nimmt einige Zeit in Anspruch. In sofern führt eine Abwägung zwischen Aufwand für den Zertifizierungsprozess und Nutzen für ein 4-wöchiges Praktikum leider zu einer Ablehnung des Zertifizierungsprozesses. Zudem reichte in lhrem Fall die Zeit bis zu lhrem geplanten Praktikum nicht aus, um die Zertitifizierung zeitgerecht bis zu ihrem Arbeitsbeginn umzusetzen.

Derzeit sind 11,8 % aller Arbeitsplätze der Zentralen Ausland- und Fachvermittlung (ZAV) von schwerbehinderten oder gleichgestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt. Insofern stellt eine Schwerbehinderung wie sie bei Ihnen vorliegt, keinen Hinderungsgrund für ein Praktikum dar, auch wenn wie im vorliegenden Fall leider die zusätzliche Hürde eines defekten Personenaufzuges im Dienstgebäude der Künstlervermittlung Köln eingetreten ist.
[…]
Ausschlaggebend für die letztendliche Praktikumsabsage war jedoch einzig und allein die Tatsache, dass Sie die von Ihnen benötigte Software „Dasher“ unter den gegebenen Umständen und Rahmenbedingungen für ein Praktikum nicht nutzen können.

lch wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute und viel Erfolg bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Es wird also nicht weiter auf mich eingegangen, ebenso wenig bietet man mir an, einfach eine andere Software zu nutzen, die bereits zertifiziert wurde. Außerdem verstehe ich nicht, warum erst die Aufzug-Geschichte vorgezogen wurde, obwohl doch von Anfang an klar war, dass ich eine spezielle Software benötige. In der Zeit vom 3. bis 29.06. hätte man doch die Zertifizierung schon einleiten können, anstatt mich erst mit einem defekten Aufzug abzuspeisen.

Ich dachte, gerade im öffentlichen Dienst würden Menschen mit Behinderungen bessere Chancen haben. Scheinbar nicht bei der Bundesagentur für Arbeit. Schade!

4 Kommentare

  1. Wie frustrierend! Vor allem wie in der gesamten Korrespondenz einfach dieser Unwille durchscheint, überhaupt irgendwas für dich zu tun – und nicht nur für dich. Es ist ja nicht so, als gäbe es nicht noch andere behinderte Menschen, die vielleicht die gleiche Software benutzen und vielleicht gern ein Praktikum machen würden. Aber die werden bestimmt alle genauso abgespeist – nee, für Sie reicht das jetzt eh nicht mehr, also lassen’s wir’s gleich ganz. Wie man glauben kann, dass so was in Ordnung ist, ist mir echt ein Rätsel. Tut mir leid, dass du dem Ganzen so unnötig hinterher gerannt bist. ):

  2. Das zeigt mal wieder, dass das Arbeitsamt keinen Plan von nichts hat… Die hätten dir viel Ärger und Zeitverschwendung ersparen könne, wenn sie gleich von Anfang an geschrieben hätten, dass ein Praktikum nicht möglich ist und damit wäre das vom Tisch gewesen. Ich verstehe so ein Verhalten einfach nicht und du kannst mir sagen, was du willst, aber diese 11,8 % werden doch auch nicht immer die Treppen hoch getragen. Wenn man keine gute Begründung hat, denkt man sich halt eine weniger gute Ausrede aus… Das kann einfach nicht angehen…

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